Erfahrungsbericht: Auflastung Peugeot J5 280l

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  • Hi,

    da mir das Forum hier bei der Auflastung meines Oldtimer Womos sehr geholfen hat, würde ich gerne etwas zurückgeben und meine Erfahrungen mit euch teilen. Vielleicht hilft dieser Erfahrungsbericht ja irgendwem weiter, so wie mir die anderen Berichte aus dem Forum hier geholfen haben :)

    Worum geht’s? Auflastung meines 90er Hymer B654 auf Peugeot J5 280l Basis (Typ C904) mit 95 PS von 3,1t auf 3,5t unter Beibehaltung des H-Kennzeichens.

    Was benötigte ich dafür?

    · Linnepe Luftfederung SZ55-20 (war bei mir zum Glück schon verbaut), alternativ geht wohl auch eine von Goldschmitt oder ein zusätzliches Federblatt.

    · Teilegutachten der Luftfederung von Linnepe für den J5 280l. Dieses bescheinigt, dass die Luftfederung für den entsprechenden Fahrzeugtyp geeignet und geprüft ist (Gutachten-Nr.: 22TG0010-00).

    · Das dazugehörige Auflastgutachten von Linnepe für den J5 280l. Dieses bescheinigt, dass eine Auflastung unter bestimmten Voraussetzungen (siehe unten) mit dieser Luftfederung möglich ist (Gutachten-Nr.: 22TG0087-00).

    Beide Gutachten habe ich kostenlos von Linnepe bekommen. Einfach dort anrufen, die sind sehr nett und hilfsbereit.

    Nun zu den Voraussetzungen, die im Auflastgutachten stehen.

    Folgendes muss an der Hinterachse dran sein:

    · Stahlräder 5 ½ JKx16H ET50 Michelin (F) Kennz. A905/61639 oder CMR (I) Kennz. CMR A306 mit Bereifung 195/75R16C 107/105 (und passendem Tragfähigkeitsindex der Reifen).

    · Die Maxi-Bremse. Diese zeichnet sich durch einen Radzylinderdurchmesser von 27mm und einer auflaufenden Bremsbackenlänge von 263mm aus. Muss man aufschrauben und nachmessen. Hatte bei mir die Werkstatt gemacht.

    Ich hatte bereits die passenden Stahlräder und Reifen, aber leider nur die kleine Bremse. Bei Augustin hatte ich mir daraufhin die Maxi-Bremse bestellt und von einer Werkstatt einbauen lassen (hier die Art.-Nr. für die Maxi-Bremse, falls wer danach sucht: 4250030).

    Falls man mit Goldschmitt auflastet, könnte es bei den Stahlrädern evtl. eine zusätzliche Hürde geben. Denn im Goldschmitt-Gutachten ist etwas schwammig von „Original Fiat-Stahlrädern 5,5Jx16H2“ die Rede. Ich vermute, die wenigsten Prüfer heutzutage wissen noch, was damals die originalen Felgen waren und verlangen wahrscheinlich ein zusätzliches Tragfähigkeitsgutachten.

    Das müsste dann noch on top besorgt werden. Oder man legt dem Prüfer einfach das Linnepe-Gutachten vor, für den Fall, dass man die oben genannten Michelin oder CMR drauf hat. Denn das Linnepe-Gutachten zeigt ja, dass mit diesen Felgen die 3,5t kein Problem sind.

    Wichtig ist in jedem Fall, wenn man auflasten will: Vorab mit dem Prüfer Kontakt aufnehmen und alles durchsprechen. Ich wusste z. B. nicht, wie ich dem Prüfer den Nachweis der Maxi-Bremse erbringen sollte, falls diese bereits von Haus aus verbaut gewesen wäre. Wir hatten dann vereinbart, dass ich ihm einfach ein Video zukommen lassen soll, wo der Bremsbelag und Zylinder ausgemessen wird und das Kennzeichen mit drauf ist. Da sich aber herausstellte, dass ich eh nicht die richtigen Bremsen drin hatte, erbrachte ich den Nachweis einfach über die Einbaurechnung der Werkstatt.

    Bei mir ergab sich aber noch eine weitere Schwierigkeit:

    Im Teilegutachten von Linnepe ist mein Typ C904 im Verwendungsbereich mit aufgeführt. Allerdings fehlt diese Bezeichnung im dazugehörigen Auflastgutachten. Warum? Keine Ahnung. Bei Goldschmitt sieht das anders aus. Dort ist auch im Auflastgutachten mein Typ aufgeführt.

    Jedenfalls hat sich mein Prüfer an der fehlenden Typennummer im Linnepe-Gutachten gestört. Er meinte aber, dass die Auflastung evtl. per Einzelabnahme gemacht werden kann, wenn ich die beiden Linnepe-Gutachten in Kombination mit dem von Goldschmitt vorzeige. Nur besaß er selbst leider nicht die notwendige Zusatzqualifikation, um ne Einzelabnahme zu machen und hat mich an einen anderen Prüfer verwiesen.

    Also merke: nicht jeder Prüfer kann bzw. darf alles. Man muss den richtigen ausfindig machen :)

    Mit dem neuen Prüfer hab ich dann nochmal alles von vorne durchgesprochen….und… gleich der erste Schock! Auflastung wäre zwar per Einzelabnahme möglich, wenn ich die Voraussetzungen im Gutachten erfülle, aber ich würde mein H-Kennzeichen dadurch verlieren. Begründung:

    1) Er könne mein Fahrzeug in seinem System nicht finden und laut seinen Recherchen gab es den Hymer 654 damals nur in der 3,1t Version. Eine Auflastung auf 3,5t wäre damit eine ungewöhnliche Maßnahme für das Fahrzeug, wodurch ich mein H-Kennzeichen nicht behalten könnte.

    2) Auch stieß er sich daran auf, dass das Teilegutachten von Linnepe aus dem Jahre 2002 stammt, mein Oldie aber BJ 1990 ist. Damit wäre ich außerhalb der 10 Jahre Oldtimerfrist….

    Beide Bedenken konnte ich aber zum Glück entkräften:

    Zu 1) Ich kramte aus dem Web ein altes Hymerprospekt aus dem Jahre 1990 heraus. Darin ist aufgeführt, dass der 654 serienmäßig mit 3,1t ausgeliefert wurde und auf Wunsch mit 3,5t. Also Nachweis erbracht, dass die 3,5t Version damals nicht ungewöhnlich war, da sie werksseitig angeboten wurde.

    Zu 2) Ich rief bei Linnepe an und die stellten mir extra eine Bescheinigung aus, dass die Luftfederung seit 1984 in der gleichen Form für Womos auf Fiat bzw. Peugeot 280er Basis zur Verbesserung des Fahrkomforts und der Fahrsicherheit entwickelt und vertrieben wurde. Aufgrund zulassungstechnischer Gründe wurden die Gutachten einer Revision unterzogen, deshalb sind diese aus dem Jahre 2002!

    Soweit so gut. Damit gab sich der Prüfer zufrieden und ich konnte mein H-Kennzeichen doch noch behalten und fahre nun endlich mit 3,5t zGG rum, juhuu!

    Das war also meine kleine Odysee. Der größte und nervenaufreibendste Teil war der ganze Papier- und Bürokratiekram. Bis auf die Maxi-Bremse hatte ich ja alles Notwendige schon verbaut. Aber die ganzen Gespräche, Telefonate, Nachweise, die Abstimmungen mit Werkstatt und Prüfer und auch meine Vorabrecherchen (ohne dieses Forum wäre ich aufgeschmissen gewesen und hätte das wahrscheinlich nicht hinbekommen) haben viel Zeit geschluckt.

    PS:

    Falls irgend ne Werkstatt sagt: „Auflastung? Geht nicht, zu alt“ Lasst euch davon nicht entmutigen. Einige Werkstätten haben bei dem Thema nicht so den Plan scheint mir. Vor allem wenn‘s um Oldtimer geht. Mit so alten Schätzchen wird man schnell abserviert (so meine Erfahrung), da viele den Aufwand scheuen und sich nur wenige mit der Technik von damals auskennen.

    Diese Erfahrung hatte ich nämlich bei einem in meinem Umkreis sehr renommierten Womo-Händler gemacht, der zugleich auch Goldschmitt-Partner ist.

    Als ich wegen Auflastung dort anfragte, bekam ich genau diesen Satz „geht nicht, zu alt!“ zu hören (ich hatte da zuerst angefragt, da ich gar nicht wusste, dass mein Oldie bereits eine Luftfederung von Linnepe verbaut hatte. Beim Kauf hatte ich keinen Acht darauf und war zu euphorisch, endlich ein gut erhaltenes Oldtimer-Womo gefunden zu haben).

    Jedenfalls wollte ich der Aussage der Werkstatt nicht so recht glauben und rief bei Goldschmitt direkt an und siehe da: Aussage von Goldschmitt war: „Auflastung kein Problem, ich schicke ihnen direkt mal die Gutachten zu“. Erst danach fiel mir auf, dass ich bereits eine Luftfederung von Linnepe verbaut hatte ;-). Das war mein erster Anlauf zur Auflastung.

    Mein zweiter Anlauf war bei einem anderen Womohändler, der zugleich Linnepe-Partner ist. Auch dort rief ich an und fragte nach. Aber auch dort konnte/wollte man mir nicht helfen. Aussage war „Auflastung ist bei meinem Typ nach Rücksprache mit Linnepe nicht möglich“….

    Nach den zwei gescheiterten Versuchen hätte ich schon beinahe die Flinte ins Korn geworfen, bis ich auf dieses Forum gestoßen bin! Nachdem ich mich hier in die Thematik eingelesen hatte, beschloss ich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und bin nun überglücklich, doch noch mit 3,5t rumzufahren:klatsch

    Viele Grüße

    Fred

  • Moin aus Hamburg,


    Glückwunsch. Selbiges Thema hatte ja auch Opa25867


    Ist interessant zu lesen, dass das möglicherweise Auswirkung auf das H-Kennzeichen haben kann.


    Aber, Hut ab, mit guter Recherche kann man dann auch „Fachfirmen“ und manchem Ingenieur noch ein wenig auf die Sprünge helfen, somit dann auch Womobilisten, die vor einem ähnlichen Problem stehen.


    In allen Teilen, grade in Bezug auf frühzeitige Kontaktaufnahme mit der PrüfOrg. und Vorabvorstellung von Fahrzeug und Gutachten habe ich es genauso gehalten. Das erleichtert vieles, und man merkt sehr schnell, ob der Ing. seinen Job gerne macht oder nur ein Prinzipienreiter ist.


    Ich habe das Glück Prüfer erstgenannter Fraktion zu haben.

    Also, mich freut es für Dich!


    Gruß Jerome

    Ich bin nicht auf der Welt um so zu sein, wie andere mich gerne hätten...