Spur überprüfen / einstellen - selbst gemacht

  • Hallo,

    hier eine kleine Anleitung, wie man die Spur selbst überprüfen / einstellen kann.

    Vorgeschichte:
    Meine Vorderreifen waren innen ca 20% mehr abgefahren, die Werkstatt sagte, die Spur sei in Ordnung.

    Etwas Theorie:
    Bei Frontantrieb hat man normalerweise eine negative Vorspur (auch Nachspur genannt), d.h. die Räder sind vorne weiter auseinander als hinten. Gemessen wird die Vorspur am Felgenhorn auf Achsenhöhe vorne und hinten an der Felge. Die Differenz gibt dann die Vorspur an
    Typ 244: Vorspur -2 +- 1 mm (also Nachspur 1 bis 3 mm)
    Typ 250: Vorspur -1 +- 1 mm (also Neutral bis 2 mm Nachspur), die Vorspur wird hier in der Gebrauchsanweisung Konvergenz genannt.
    bei zu viel Nachspur: Reifenverschleiß innen, schwammiges Fahrverhalten
    bei zu viel Vorspur: Reifenverschleiß außen, nervöser Geradeauslauf
    Bei meinem 244 ergab die Messung -3mm, also in der Toleranz aber meiner Meinung nach zu viel. Ich habe es dann auf -1 mm eingestellt. Das Fahrverhalten hat sich nicht verschlechtert, Aussagen über Reifenabnutzung serst in 1 Jahr möglich.

    Kleine Bastelstunde:
    Man benötigt ein Brett oder Ähnliches um sich eine Vorrichtung zum Messen zu bauen. Das Brett muß ca 30 cm breiter sein als die Breite über beide Reifen. Die kurzen Stücken müßen so lang sein, das sie bis zur Felgenmitte reichen.
    Hier das Gesamtbild:

    An das eine kurze Brett wird ein Stück Flacheisen o Ä angeschraubt, damit man bis zum Felgenhorn kommt.

    Auf der anderen Seite mißt man mit einer Schieblehre den Abstand zum Felgenhorn.

    Ich habe die Bretter verschraubt und noch Leim dazwischen, damit das Genze stabil wird.

    Messanweisung:
    Das Wohnmobil muß eben stehen, Lenkung geradeaus, Luftdruck muß stimmen, fahrfertig beladen sollte es auch sein, da sich die Vorspur beim Einfedern etwas verändert.
    Man marliert mit Kreide das Felgenhorn in Achshöhe vorne und hinten auf beiden Seiten. Dann legt man den Anschlag auf der einen Seite ans Felgenhorn und mißt dann an der anderen Seite den Abstand. Dabei die Vorrichtung möglichst symmetrisch rechts und links haben. Mehrere Messungen durchführen, jeweils Reifen vorne und Reifen hinten. Dann Mittelwert bliden. Bei mir waren die Abweichungen der einzelnen Messungen unter 0,2 mm. Dann zieht man die Mittelwerte jeweils voneinander ab und hat somit den Wert für Vorspur bzw. Nachspur. Der gemessene Wert muß vorne geringer sein, da man ja von außen mißt. Bei mir z.B. waren es vorne 62,9 und hinten 65,9 mm, also -3mm Vorspur.

    Wenn alles im richtigen Bereich ist, dann kann man Feierabend machen und das Bier auf.

    Wenn nicht, dann gibt es 2 Möglichkeiten:
    a) man fährt zur Werkstatt und gibt so um die 80 € aus zum Spur einstellen
    b) man macht es selbst, aber nur wenn man es sich zutraut und weiß was man macht. Hierzu gibt es keine Bilder, denn wer die Spurstangen nicht findet sollte lieber a) angehen.

    Mit 15er und 24er Gabelschlüssel und Zange bewaffnet hinter dem Vorderrad unter das Auto legen (eine Seite, welche ist eigentlich egal). Die Schelle des Gummibalgs am inneren Ende der Spurstange ab machen und prüfen, ob sich das Gummi auf der Spurstange bewegen läßt, zur Not mit etwas Silikonspray nachhelfen. Nun Kontermutter der Spurstange am aüßeren Ende lösen, dabei gut mit dem 15er gegenhalten um das Spurstangengelenk zu schonen. Nun bei zu viel Nachspur die Spustange raus drehen (oder rein bei zu weing Nachspur). Aber nur wenig, denn 1/2 Umdrehung ändert die Vorspur um ca 2 mm.
    Jetzt wieder nachmessen wie oben beschrieben. Wenn der Wert jetzt OK ist, dann wieder unter das Auto und die Kontermutter unter gegenhalten wieder gut festziehen. Die Spurstange kann man etwas hin und her drehen, die Mitellage nehmen und die Schelle wieder um die Gummimanschette machen. Jetzt sollte man ruhig noch einmal nachmessen, ob noch alles OK ist.

    Auf diese Art kann man auch ein leicht schräg stehendes Lenkrad wieder gerade bekommen. Auf der einen Seite raus drehen und auf der anderen Seite entsprechend rein drehen. Nachmessen der Spur nicht vergessen.

    Das wars, ist ja auch lang genug geworden.
    Viel Erfolg und immer wenig Reidfenverschleiß wünscht
    Andreas

    Einmal editiert, zuletzt von Rheinsberger (19. November 2017 um 17:21)


  • hallo,

    dein beitrag ist sicher gut gemeint und für einen mit genung ahnung auch okay. das system das du beschreibst ist ja angelehnt an die vermeßmethode wie man bis vor nicht alzulanger zeit die transporter und klein lkw`s sogar auch in den werkstätten vermessen hat. ein kleiner hinweis von mir noch der es so mal probieren will, bevor was eingestellt wird ist es auf jedenfall noch wichtig alle gelenke der spustangen und vorderachse zu prüfen, sind diese ausgelschlagen ändert sich der wert ständig hin und her und eine einstellung ist unmöglich und auch so unnötig da es nie was werden kann. ansonsten den auch angenehmen vorschlag vom gemütlichen bier nach erfolgter spurwerteaufnahme befolgen und den restlichen tag geniesen!

    viel spaß beim einen oder anderern!

    gruß robert

    :daumen +++++++++ :thumbup: +++++++++++++++++ Gruß Robert +++++++++++++++++ :thumbup: +++++++++ :daumen

  • Feine Beschreibung - ich verwende eben das Verfahren bei meinen Oldtimern/Youngtimern, um schleichende Abweichungen in Folge von Verschleiß feststellen zu können. Irgendwie ist auch fast jedes alte Auto, das ich gekauft habe, teils heftig verstellt.

    Gruß Sven

  • Ich weiß, dass das mit der Lehre weit verbreitet ist, aber doch sehr ungenau, ob mann da auf einen mm genau messen kann bezweifele ich sehr.
    Ein schnellere und durchaus bessere Methode ist die verwendung einer weisser Schreibstift.
    Vorne auf der Achshöhe auf beider Seite einen saubere und dünne Senkrechtstrich anzeichnen und vermessen, danach den WoMo um ein halber Radumdrehung nach Hinten verschieben, dann nochmal messen, wie genauer mann arbeitet, so präziser ist die Aussage.
    Alternativ geht auch weiße Farbkleckse und nach dem Trocknen mit einen Nagel ein Senkrechtstrich ziehen.
    Adriaan

  • Danke für den sehr iinteressanten Beitrag. :klatsch
    Das werde ich bei meinem 244er auch mal testen. Etwas mistrauisch bin ich bei der Fehlertoleranz von 0,2 mm bei Holz. Für diesen Zweck werde ich die Konstruktion mal zusammenschweißen. Zusätzlich ein Flacheisen, welches flach auf dem Boden aufliegt und den Winkel vorgibt. Weiterhin könnte man noch über einen Messanschlag und eine winkelsichere Anlage für die Meßlehre nachdenken.
    Natürlich könnte man die Breite variabel und feststellbar machen, sodaß damit dann auch andere Fahrzeuge gemessen werden können.
    Dabei bin ich auf die folgende Frage gestoßen: Bleibt die Vor.- oder Nachspur bei Lenkeinschlag eigentlich konstant?

    Und ich dachte der Ouzo wäre gratis.....

  • Nein.

    Das Kurveninnere Rad wird mehr eingelenkt als das kurvenäusere, da es einen kleineren Radius fährt.

  • Junge - Junge

    Das ist ja Technik Hoch 3 !

    Da staune ich, an was man sich so alles auf dem Hof ranwagt. So manch einer hat Angst ein Loch fürs Antennenkabel zu bohren und ihr vermeßt mal eben mit hundertstel Millimeter Genauigkeit die Spur neu !

    Respekt ...... ( und das ist ernst gemeint)

    Gruß Uwe

  • Nein.

    Das Kurveninnere Rad wird mehr eingelenkt als das kurvenäusere, da es einen kleineren Radius fährt.

    Aber eigentlich müßten die Tangenten an konzentrischen Kreisen doch parallel sein ? Oder? Bei Vorlauf Null müßte dies gelten. :nono

    Und ich dachte der Ouzo wäre gratis.....

  • Man "schleppt" ja noch eine Hinterhaches mit. Es geht darum, dass kein Rad "radiert".

    Mit kleinem Lenkeinschlag fahre ich kleine Kurven, mit größerm Lenkeinschlag größere Kurven. Tatsache ist, dass der kurveninnere Radius (und auch der Weg) kleiner als beim kurvenäuseren ist. Daher muss das kurveninnere Rad mehr eingeschlagen werden.

    Dieses "Mehreinschlagen" kommt durch das LENKTRAPEZ zustande. Die Anordnung von Vorderachse, Drehpunkt der Räder, Spurstangen und Kugelköpfe.

    Diese Bauteile bilden ein Trapez. Selbst beim Lenken liegt der Schnittpunkt der Trapezschenkel immer auf der Linie der Hinterachse (bei starkem Einschlag auf der verlängerten Linie der Hinterachse)

  • Hallo Werner55
    Ich sehe kein Problem bei der Konstruktion aus Holz, da ja keine Kräfte beim Messen auftreten und auch irgendwelches arbeiten des Holzes nicht innerhalb von 5 min auftritt. Man muß beim messen natürlich aufpassen, daß man spannungsfrei arbeitet. Ein Messanschlag ist natürlich vorhanden, bei mir an der Schieblehre, sodaß dort auch eine Winkelteue der Schieblegre gegeben ist. Witere Anschläge oder Sonstiges halte ich nicht für wichtig, da der Anstand zwischen den beiden Meßpunkten gleich bleibt, egal wie man da Werkzeug hält. Viel wichtiges ist das genaue Markieren der Messpunkte an den Felgen.
    Gruß Andreas

  • Hallo Alle,

    ich habe schon mindestens 20Jahre eine Messlehre, die etwas anders aussieht (ich messe die Felgeninnenseite) aber eben auch zu diesen guten Ergebnissen führt. Es ist echte schufterei bis "ES" erledigt ist, aber ich habe die Spur wie sie sein soll.

    In der Werkstatt wird von 2Mann mit Geräten für 1000enden von Euro eingestellt, eine Probefahrt gemacht und dann das Lenkrad geradegesetzt. Nach einer heissen Diskussion um die Lenkgetriebemittellage wird von mir dieser Ort verlassen um dann "ES" dann wieder selbst zu machen.

    Nur wenn ich an manche Leute denke, die ich unterwegs traf, kriege ich einen Schwindel wenn ich mir vorstelle diese Leute würden eine Spur einstellen.

    Viele Grüsse Womo633

  • hallo;
    wenn das lenkrad nicht nicht in der mittellage aufgesetzt ist stimmt meines wissen der spurfifferenzwinkel nicht, weil das lenktrapez in der falsch eingestellten mitte schon nach einer seite eingeschlagen ist.
    mfg kamann

  • Allso ist ja alles schön und nett beschrieben und ich hab selber vorrrrrr ganz langer zeit Kfz mechaniker gelernt, aber ich würd es selber nicht machen. Da ist Mir ein Fachbetrieb doch lieber wo ich ein Ausdruck bekomme und weiss das dann alles auch stimmt Hab meinen erst letzte Woche einstellen lassen.Gruss Udo ;)

  • Hallo azaz,

    Vielen Dank! Das war nicht nur sehr kameradschaftlich, Dein gutes Wissen hier einzustellen, sondern Du hast auch die Begabung, solche Sachverhalte perfekt und anschaulich zu erklären. Dazu kommt ja noch, dass man, wenn man es "selbst " genau gemacht hat, abgestimmt auf die vorherrschende persönliche Gewichtsbelastung, man endlich mal dem vorderen einseitigen Ablaufen auf die Schliche kommen kann und keine "Märchenstunde" mehr zu erleben hat.

    (Nur muss ich mir jetzt mal ein Schaubild von der Vorderachskonstruktion ansehen (X250) (oder mich mal drunter legen), um abzuklären, wieso man die Spurstange, ohne ein Gelenk abzuschrauben (Abzieher ?), nach Lösen der Kontermutter verdrehen kann - und wenn auch nur 0,5 U?)

    Grüsse

  • Hallo,

    man kann die Spurstange beliebig weit drehen, muß wohl ein Kugelgelenk o ä auf der Seite vom Lenkgetriebe sein - darum auf der Seite auch die Schelle der Gummimuffe unbedingt abmachen.

    Nochmal zum Fachmann, den man dran lassen sollte: Wer Werkzeug in die Hand nimmt und anfängt zu schrauben, der sollte genau wissen was er macht - sonst die Finder davon lassen. Aber nur die Spur selbst überprüfen: da muß man nicht schrauben oder sonst etwas - da kann man eigentlich nichts falsch bei machen, man hat aber danach die Gewissheit, daß die Spureinstellung stimmt.

    Gruß Andreas

  • Hallo,

    man kann die Spurstange beliebig weit drehen, muß wohl ein Kugelgelenk o ä auf der Seite vom Lenkgetriebe sein - darum auf der Seite auch die Schelle der Gummimuffe unbedingt abmachen.

    Nochmal zum Fachmann, den man dran lassen sollte: Wer Werkzeug in die Hand nimmt und anfängt zu schrauben, der sollte genau wissen was er macht - sonst die Finder davon lassen. Aber nur die Spur selbst überprüfen: da muß man nicht schrauben oder sonst etwas - da kann man eigentlich nichts falsch bei machen, man hat aber danach die Gewissheit, daß die Spureinstellung stimmt.

    Gruß Andreas

    Hallo!

    Außer man läßt sich das Womo über den Fuß rollen.
    Aber Spaß beiseite. Andreas hat recht! Eine nicht richtig gekonterte oder zu weit herausgedrehte Spurstange kann fatale Folgen haben!
    Die Spurstange sitzt tatsächlich auf einem Kugelbolzen mit Fettschmierung, deshalb u.a. auch die Manschette. Kann man auch sehen, wenn man die Manschette mal ganz abnimmt und Lenkung einschlägt. Ein Eindringen von Dreck und Sand wegen defekter Manschette ist natürlich wie Sandpapier für diese Kugel und die Buchse und Dichtungen dahinter. Sollte man also schnellstens wechseln oder wechseln lassen.


    Gruß Werner

  • Hallo Azaz

    wie auch bereits Robert geschrieben hat ist dieses eine sehr gute Beschreibung,
    Ich hätte nur noch zwei/drei kleine Anmerkungen:

    1) Prüfe ob das Lenkrad in der Mittelsstellung steht ( nach rechts und links von der Mitte aus die selbe Anzahl der Lenkeinschläge
    Klemme das Lenkrad in der Mittelstellung fest

    2) Wichtig ist auch ob das Womo alleine oder zu zweit betrieben wird, bitte dann beim Einstellen jeweils den Sitz belasten.

    3) die Spureinstellung ist am Profil bei ca. 200 bis 500km Fahrleistung zu erkennen.

    Ein Zeitraum von ca. einen Jahr kann zu erhöhten Verschleiss bei falscher Einstellung führen.


    Gute Fahrt von
    Winni :wink

  • Hallo Winni!

    Die Methode ist wirklich gut, wurde ähnlich (mit einer verstellbaren Metallschiene mit Endanschlägen) zu meiner Ausbildungszeit und noch einige Zeit danach von kleinen Werkstätten auch noch am PKW praktiziert. Aber das kennst du ja sicherlich als alter KFZ-Schrauber.

    Dein Punkt 1) ist natürlich richtig.
    Punkt 2) eher nicht, weil die Einstellwerte von FIAT für das unbeladene Originalfahrzeug gelten (nur Betriebsflüssigkeiten, wie Öl und Wasser eingefüllt).
    Punkt 3): Wenn du das nach 200 - 500 km schon deutlich siehst bzw messen kannst (einseitig abgelaufene Reifen), stimmt die Spur in der Tat nicht, oder es ist einer der von Robert genannten Defekte vorhanden bzw das Fahrzeug hatte einen Unfall und wurde unsachgemäß repariert (Sturz und Nachlauf verstellt). Bei einer intakten Vorderachse nebst Aufnahmen und korrekt eingestellter Spur (z.B. nach Andreas Methode) wirst du wohl ein bißchen weiter fahren müssen um das exakt kontrollieren zu können, selbst mit superweichen Winterreifen im heißen Sommer.

    Die Einstellwerte sind eigentlich Kompromisse (deshalb u.a. auch die Toleranz), da sich die Spur z.B. durch einfedern und ausfedern beim Beschleunigen und Bremsen verändert. Bei Wohnmobilen kommt noch hinzu, dass es sich ja nicht um unbeladene Originalfahrzeuge handelt. Deshalb kann es dann ja auch schon mal zu einseitigem Ablaufen kommen, wie Andreas es beschrieben hat, obwohl die Spur eigentlich in der Toleranz liegt. Da sind dann oft auch die Werkstätten überfordert, weil die Erfahrenswerte fehlen.

    Gruß Werner

    P.S.: Beim 280-er und 290-er beträgt die Vorspur übrigens 0,5 mm +/-1mm d.h. 0,5 mm Nachspur bis 1,5 mm Vorspur.

    2 Mal editiert, zuletzt von AstonMartin61 (4. August 2008 um 12:28)

  • Hallo,
    ich hatte im Januar meine Spur neu eingestellt von -3 mm auf -1 mm (siehe ganz vorne). Nun das Ergebnis nach 10000 km: Innen und außen gleich viel abgefahren - also aus meiner Sicht erfolgreich.

    Gruß Andreas